Montag, 20. Mai 2019

Von innerer Zerrissenheit...


…ist man geplagt, wenn sich komplementäre Eindrücke plötzlich verdichten. So geschehen an einem scheinbar ganz normalen Morgen. In der Schule fand gerade Model United Nations statt, zu dem Delegationen aus über 10 Schulen geladen waren und bei dem sich die überwiegend der Oberschicht entstammenden Schüler in feinen Kleidern und feiner englischer Sprache und, zugegeben, sehr professionell in Diplomatie übten. Im strömenden Regen fuhr ich kurz nach Hause, um etwas zu erledigen. Es bleibt immer noch ungewohnt, dort Maria zu treffen, die zweimal die Woche für uns den Haushalt in Ordnung bringt (was wir ja eigentlich auch selbst tun könnten, auch wenn das fast unmöglich ist in diesem großen Haus). Als ich sie dann aber mit Kopfhörern im Ohr und ein Lied trällernd den Besen schwingen sah, fühlte ich mich dann doch nicht mehr ganz so schlecht. Dies änderte sich je, als es an der Tür klingelte. Herein  kam João, ein ziemlich abgerissener Mann. Es goss in Strömen, aber er fing an, unseren Recyclingmüll, sprich dutzende Umzugskartons, Glas- und Plastikflaschen Stück für Stück auf seinen Esel-Karren zu laden. Schon nach einer Minute war er total durchnässt und sein kleines Hündchen wartete aufgeregt am Karren, aber er machte unbeirrt weiter. Als ich mich auf den Weg zurück zur Schule machte, sagte er mir 20mal Danke für meine Großzügigkeit und er wünschte mir einen guten Arbeitstag usw... weil wir ihm ja jetzt so viele Sachen gegeben haben, die er irgendwie zu Geld machen kann. Ich fühlte mich so elend. Gerade ein paar Minuten vorher habe ich mich darüber aufgeregt, dass das online-banking nicht funktioniert hat, um mir total überteuerte Formel-1-Karten zu kaufen und dann sehe ich diesen netten, fleißigen und verdammt armen Mann, der dankbar für meinen Müll ist.
Diese Ungerechtigkeit (die ja in diesem Fall genau genommen eher eine Ungleichheit ist, weil ich ja nichts unrechtes getan habe, aber das tröstete mich wenig) lässt sich wohl ad hoc nicht lösen, aber es führt einen doch vor Augen, dass man mehr tun kann und sollte, um dies zumindest ein bisschen zu lindern.

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