Dienstag, 25. August 2020

Cachaça-Kuchen - oder wie wir uns durch den brasilianischen Alltag leben.

Greif ich doch mal gleich den Titel auf. Neulich, an einem Mittwoch. Die Kinder hatten ihre 3-4 Google Meets hinter sich und auch größtenteils ihre online gestellten Aufgaben mit Einhilfe und nicht immer aus voller Überzeugung erledigt, sodass ich meinen Arbeitsnachmittag mit tausenden Baustellen beginnen konnte, während Lena ohnehin den ganzen Tag in ihrem online-Kosmos verblieb. Die Kinder kamen auf die Idee, allein einen Kuchen zu backen, wobei "backen" eine gute Idee, "allein" eine ambitionierte war. So war dann das geschäftige Treiben in der Küche zwar schön, aber immer wieder mit Nachfragen gespickt. Als dann die 93. Frage mit "Papa, ist das hier Öl?" durch das Haus flog, bestätigte ich nur noch halbherzig das halb Gesehene. Eine halbe Stunde später kam Lena mit einer Flasche Cachaça in der Hand zu mir und entgegen der vermuteten Frage, ob ich einen Caipirinha wünschte, frug sie: "Hast du den Kindern gesagt, dass das Öl sei?" Ich fürchtete ja.
Diese kleine Anekdote versinnbildlicht unseren wiederkehrenden Alltag. Viel, viel Zeit vor Computern, ernüchternd ob der geringen Aussicht auf baldige Besserung der Lage. Viel Arbeit, da viele Konferenzen zu Zeugnissen, Planungen der Rückkehr in die Schule, Planungen zum Denkmal-Projekt und natürlich mit der Gegenwart von Steffen auch wieder neue Projekte usw. Dann eine gewisse allgemeine Unsicherheit ob der Gesamtlage in Brasilien, da die Zahlen immer noch sehr viel zu hoch sind, aber dennoch Stück für Stück alles zur Normalität zurückkehrt (zurückkehren muss?), was vordergründig widersinnig erscheint. Aber wer weiß, vielleicht schafft Brasilien das Wunder und wird in Kooperation mit Russland Pionierarbeit in Sachen Impfstoff leisten (nach "Sputnik 5" kommt dann "Pelé 5", die sogenannte "Anti-Covid-Pelé", die nach den Weltmeisterschaften der 60er und 70er Jahre für Brasilien nun den nächsten "Pelé-Schock" in der Welt auslösen könnte - aber ich will mich da jetzt auch nicht zu sehr in Spekulationen verlieren). 
Aber ich wäre nicht ich und Brasilien nicht Brasilien, wenn es nicht auch immer schöne Dinge gäbe. So haben mich meine Kinder zum "Dia dos Pais" überrascht. Beim "Vatertag" geht es tatsächlich noch im Kern um die Würdigung des väterlichen Daseins und man begeht diesen Tag in Familie (völlig anders als in Deutschland also). Eine weitere schöne Sache ist die Ankunft der Familie Ruch in Brasilien. Nicole und ich sind in der selben Stadt aufgewachsen und Steffen traf ich 2004 zufällig am Ticketschalter für das Spiel Hansa gegen den damaligen deutschen Meister Werder Bremen (das schreibe ich jetzt nur aus Gründen der Autosuggestion), seitdem sind wir sehr gute Freunde und nun leben wir als Nachbarn zusammen in Südamerika. Für uns einfache Mecklenburger Seelen ist das immer noch etwas Besonderes und es gibt immer wieder die Momente, in denen man gewahr wird, dass man an einem besonderen Ort lebt. Und ganz besonders intensiv wird dieses Gefühl zum Beispiel am Meer mit diesen Traumstränden quasi vor der Haustür, wie zuletzt in Juquehy.
Nur der eisige brasilianische Winter ist nicht so attraktiv. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich hier zum Blogeintrag aus dem letzten Jahr wiederhole, muss man doch sagen, dass diese Kälte von 8 Grad ganz schön die Laune verdirbt, denn baulich ist Brasilien nur bis zu 15 Grad komfortabel eingestellt und alles darunter wird dann echt unangenehm. Bei dem Gejammer vergessen wir natürlich nicht, dass die Menschen in den Favelas die gleichen Temperaturen aushalten und noch dazu im Matsch nach tagelangem Regen ersticken. Sowieso ist es immer wieder überwältigend, welche Ausmaße diese ärmeren Viertel haben. Gerade wenn man durch die Peripherien (es gibt mehrere) aus der Stadt fährt erschlägt ein förmlich die bunte Vielfalt der baulich improvisierten Häuser einerseits und die Eintönigkeit der unzähligen sich über die Hügel ziehenden Siedlungen andererseits. Übrigens verläuft die Besiedlung wie im Mittelalter mit dem Bürgerrecht: Familien kommen auf der Suche nach Arbeit in die Wirtschaftsmetropole schlechthin, bauen sich in einem dieser Viertel ein kleines Haus (die Mehrheit besteht übrigens weitestgehend aus Stein, nicht aus Blech oder Pappe, denn auch in den Favelas bzw. richtigerweise Communidades gibt es auch große Unterschiede im Einkommen) und wenn es nach einem Jahr von der Regierung nicht abgerissen wurde, dann gilt der Bau nicht mehr als illegal sondern wird legalisiert. Man kann diesen Wildwuchs förmlich sehen und da wundert es nicht, dass São Paulo einst die am schnellsten gewachsene Großstadt der Welt war. Überhaupt sieht man dieses Phänomen überall in der Stadt. Glastürme wechseln sich ab mit Betonburgen, die sich Condomínho nennen, flache Bebauung mit Luxusheimen oder kleine einfache Reihenhäuser werden umzingelt von diesen Wohntürmen und immer wieder liegen eingequetscht kleine oder auch sehr große Favelas (z.B. Paraisópolis in Morumbi mit mittlerweile wohl über 100.000 Einwohnern) dazwischen.
Kurzum: wir sind uns durchaus bewusst, dass wir ziemlich privilegiert leben und versuchen dies auch in unserem Denken und Handeln zu beherzigen. Und es gibt genügend Möglichkeiten zu helfen...

Koordinatorin im internationalen Dienst


Homeschooling non-stop

Home-Office tagein tagaus

Fröhliches Beisammensein


Garten aufräumen - zugegeben sehr cooler "Gartendreck" mit riesigen Palmenblättern


Garten aufgeräumt

Chillen am Lagerfeuer


Der Geschichtslehrer erzählt
(was in der Speisekarte steht, zumindest was er denkt, das da steht)

(Sonnen-)Untergangstimmung

Strandaufgangsstimmung


Grevesmühlen-Momente in Brasilien


Mach mit, mach`s nach, mach`s besser

Wasserkraft

Ein Strand fast für uns allein


Sehr nah am Paradies


Meer Blick wagen (frei nach Willi Brandt)


Voltigieren - jetzt auch mit Söhnchen

Die neue Equipe Recanto Guarapiranga

Und die Nachwuchs-Equipe

Am Rand der Mega-Metroploe plötzlich ein Idyll - Embu das Artes


Kunterbuntes Embu das Artes

Kunst in Embu das Artes


Flanieren in Morumbi

Familienüberraschung zum Vatertag


Unser Denkmal wächst

Steffens und mein neues Projekt: Laufen von Interlagos zum Brandenburger Tor 
(die ganze Schule erläuft ab dem 3. September bis zum 3. Oktober Spenden für einen guten Zweck)

Und wenn man so einsam am Strand steht,...


... darf man dies niemals vergessen.



Montag, 24. August 2020

Deutschland einig Reiseland...

Was haben wir nicht  alles getan, um unseren Deutschland Urlaub so gut wie möglich ohne Einschränkungen zu nutzen. Die Familie musste sich durch die unangenehmen PCR-Tests kämpfen, meine Mutter hatte um die 60 Telefonate mit relevanten Behörden geführt, nebenher lief noch der Prozess meiner Wiedereinreise nach Brasilien, die in Gefahr ist, da ich ja seit April kein gültiges Visum mehr habe. Und auch die teilweisen Vorbehalte unserer Freunde in Deutschland gegenüber uns als vermeintliche "Super-Spreader" dämpften die Vorfreude doch merklich. 
Und dann: alles gut. Keine Quarantäne, die Sicherheitszone zwischen uns und Freunden und Familie wurde nur für 2-3 Sekunden aufrecht erhalten und los ging es in eine grandiose vierwöchige Tour d'amour durch Deutschland. Coronaseidank waren fast alle Menschen, die wir treffen wollten, "verfügbar". Auch die Kinder konnten und wollten dies natürlich üppig nutzen.
Interessant waren natürlich die Gespräche über die Einzelerfahrungen während des Lockdown, wobei auffiel, dass man von Corona trügerisch meist in der Vergangenheitsform sprach. 
Auffällig war ebenfalls, wie schön Deutschland ist. Das ist ja kein Geheimnis, aber nach 1,5 Jahren Abstinenz wird das Bewusstsein für die schönen Seiten noch geschärft. Und wir haben punktuell Klischees überprüfen können. Die Deutschen sind nicht per se unfreundlich, es ist nicht alles überreguliert und die pittoresken Kleinstädte in Thüringen oder Allgäu sind nicht kitschig, sondern einfach schön. Und in einem solchen Land darf man gern leben wollen - und Kinder kriegen, wie so viele von meinen alten Schulfreunden nach kreativen und unkonventionellen Lebensentwürfen. Natürlich sind die Eindrücke stark geprägt von dem, was man in Brasilien zum Beispiel nicht hat, wie bestimmte Freiheitsgrade. So durften Juli und Emily während eines Restaurant-Besuches auf den Spielplatz auf der anderen Straßenseite (!) gehen. Die Kinder schauten mit großen Augen und sagten zögerlich: "Können wir da allein rübergehen?" Das folgende "Ja" löste eine Welle des Glücks ob ihrer wiedergewonnenen Freiheit aus, sodass sich Juli impulsiv auf den Boden warf und, zugegeben mit etwas viel Pathos, zum Dank den Boden küsste. Denn sowas wäre in Brasilien schwerlich möglich. Dafür aber viele andere Dinge und nach vier Wochen tollen Urlaubs in der Heimat waren wir uns doch in unserer Gefühlswelt einig: Jetzt ist es wieder Zeit, nach Hause zu fliegen.
Und als ob das Schicksal uns dieses schönes Erlebnis abzurunden gedachte, verlief die Einreise absolut unkompliziert und all die Aufregung im Vorfeld ob meines nicht vorhandenen Visums oder des noch schnell zu machenden PCR-Tests verrauchte im Smog der Großstadt, die wir derzeit aus voller Überzeugung unsere Wahlheimat nennen... 

Fliegen mit Quarantäne-Bestimmungen. Sicherheitsabstand: 15 cm.

Freude in Hamburg

Freunde in Hamburg

PSC - the Unity

Landschaft bei Grevesmühlen

Möglicher alternativer Lebensentwurf in Grevesmühlen

Oder dies...

Bei Oma und Opa mit Lotta
Am Ende des Regenbogens ist ein Schatz - manchmal sogar drei.

Die Schulfreunde mit Kinderseegen - 
bei 13 Grad und Nieselregen

The (Ex-)Company


Mit Sven in Friedrichroda

Stillleben auf Svens Ranch

Tempel gegen den Abstieg. Das Drama um Werder hat mich bis nach Deutschland verfolgt...

Wie früher (vor 1,5 Jahren): nicht nur mit den Jungs, sondern auch, dass Werder gegen den Abstieg spielt

"Das Dach der Erde" des kleinen Mannes - am Inselsberg in Thüringen


Goethe, Schiller, Humboldt, Möller - Blick über den Thüringer Wald

An dieser Stelle sei ein bisschen Werbung eingefügt,
denn dieses Bergwerk war das beste und authentischste
Bergwerkerlebnis meines Lebens



Cousin und Cousine (oder wie die Kinder sagen: Croissant und Rosine)

Croissants und Rosinen


Bei den Mörken-Romeros im Allgäu - und Brüderchen mit Bettina trinken auch fleißig mit

Mit Bubu beim Tagesprojekt Gaishorn (mit 8847 Metern der zweithöchste Berg der Welt)

What a Blick


Spielen auf der Straße - Welch eine Freiheit

Familie Thulke mit Kindern die wachsen, wachsen, wachsen...

Großstadtsommer - Freunde zusammen am Elbufer in Övelgönne

Im Hintergrund silberglänzend eine Ostereierfabrik

Beckmann
(an dieser Stelle muss man sich die Titelmusik der Batman-Serie aus den 60ern vorstellen)




Meet the Chudy-Soltanis


Familie Mebus - einst unsere Mentoren in Sao Paulo, nun berichten wir aus Brasilien

Letzter Tag mit Uroma Lore


Letzter Tag mit Opa Wolfgang

Letzter Tag mit Oma Moi

Letzter Tag mit Oma Kerstin

Letzter Tag mit Opa Bernd


Labskaus im "Old Commercial Room"

Ein weiteres Mal "Até logo Alemanha". Aber wir kommen wieder, so viel steht fest.