…sprach
der Koordinator an der Schule zu uns. Na gut, wenn
es sein muss. Allerdings durfte dann doch nur Lena, da mein
bismarcksches Pädagogikkonzept "Zuckerhut und Peitsche" noch nicht auf
fruchtbaren Boden fiel. So machte sich Lena dann für fünf Tage auf den
45-minütigen Flug
nach Rio, bildete sich etwas fort und probierte sich ansonsten als carioca in Copacabana und Girl from Ipanema. Neben
schönen ersten Eindrücken dieser weltbekannten und mythenumrankten Stadt
brachte sie auch eine satte Halsentzündung mit (klassischer Fall von fehlender
Resistenz gegen ständige Temperaturstürze von 38 auf künstlich klimatisierte 18
Grad). Derweil beschäftigte sich der Rest der Familie mit einer hiesigen Geburtstagsfeier,
einem Ausflug durch die Stadt zu einem bloco
(den wir leider verpassten, da wir uns im Tag geirrt hatten) und einer Party
bei unseren zukünftigen Vermietern in unserem zukünftigen Haus. Zu guter Letzt
besuchten wir den botanischen Garten: ein grünes Kleinod inmitten der Stadt mit
einem sehr schönen Regenwaldabschnitt, der einen jedoch etwas traurig stimmt,
wenn man bedenkt, dass vor nicht allzu langer Zeit beinahe der gesamte
Küstenstreifen, die Mata Atlantica, so wunderbar überwaldet war und nun
ziemlich zersiedelt und zerholzt ist.
Apropos zersiedelt: São Paulo ist eine sehr interessante
Stadt. Man wähnt sich bisweilen in Lego-City, wenn man an den wahllos
zusammengestellten Hochhäusern vorbeifährt. Dann gibt es aber auch richtig
schöne Parks, überall subtropische Vegetation und ein sehr facettenreiches
kulturelles Angebot, bei dem vor allem die Kinder mehr als erwartet auf ihre
Kosten kommen. Und so fällt dann auch Lenas Urteil im Vergleich zu Rio
zugunsten unserer neuen Heimat aus.
Die wichtigsten Gradmesser für die Lebensqualität bleiben aber die
Kinder. So hatte der Kleine am Montag einen ganz schweren Moment. Klar, wer mag
schon Montage. Aber hier vermischte sich doch Einiges: Montags-Blues, Angst vor
all dem Neuen und damit auch Stressigem, das Bedürfnis nach elterlicher
Geborgenheit und ein ganz schöner Dickkopf. Und auch die Große war beim
Abschied in der Schule den Tränen nahe, ertrug es nur etwas tapferer. Es sind
diese sensiblen Momente, in denen man als Eltern denkt, dass wir den Kids eine
ganze Menge zutrauen, aber auch zumuten mit unserem Brasilien-Abenteuer. Am
Ende des Tages erzählt Emily, dass sie bis 29 auf portugiesisch zählen kann und
ihr das von ihrer Freundin Dora beigebracht wurde. Und Juli? Nachdem es eine
Stunde gedauert hat, ihn morgens abzuliefern, will er nun aber ab sofort
aufgrund seiner selbsterklärten Reife nach der Schule allein von der Klasse ins
Lehrerzimmer gehen – übrigens als einziges Kind der Grundschule. Man muss durch
tiefe Täler, um Gipfel zu erstürmen.
Und wenn man doch mal raus möchte, gibt es natürlich auch
schöne Ausflüge ins Umland. So zum Beispiel zur Fazenda Enstança
Imperial bei Olimpia. Hier gibt es eigentlich alles, was man braucht, um sich
dem Alltag (ja, wir haben nach fünf Wochen schon sowas wie einen Alltag) und
dem wilden Karnevalstreiben zu entziehen. Ruhe, Spaß und Spiel für die Kinder,
Pool und Ponyreiten und unsere ersten frei lebenden Tukane. Dass wir uns dem
Karneval entziehen liegt zum Einen daran, dass Entschleunigung nach vier Wochen
Überholspur notwendig ist, wir partiell bereits Eindrücke davon gewinnen
konnten und der Karneval, ähnlich wie in Deutschland, am Ende nicht selten in
ein großes Gelage ausartet, wofür wir uns ein Jahr Vorbereitung noch nehmen
wollen. Und die Kids kommen hier sowieso auf ihre Kosten, allein schon durch die
Stunden im Pool. Juli schwimmt nun auch seine ersten Meter über Wasser
und den (größeren) Rest dann unter Wasser. Emily reitet galant und routiniert
auf ihrem Pony.
Und den Caipi an der Poolbar könnten wir hier unerwähnt lassen,
machen wir aber nicht.
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