Part 2:
Brasília, Brasília
(mit
Steffen und Nicole, weil Lena und Juli nicht so Lust hatten und Emily und Lara im
Voltigiercamp verweilten)
Ja,
Brasília ist die Hauptstadt von Brasilien, nicht Rio. Das wusste ich bereits
seit den guten alten Topographie-Kontrollen im Geo-Unterricht. Alles andere über
diese Stadt wusste ich damals noch nicht. In den 60er Jahren wurde dieses
Beton-Monument aus dem Nichts in das Nichts gegossen. Weit weg von den alten
Herrschaftszentren Rio und São Paulo, geografisch eher in der Mitte dieses riesigen Landes und
der steinerne Ausdruck des Positivismus, dessen Leitgedanke sich ja auch auf
der Nationalflagge wiederfindet: Ordnung und Fortschritt. Etwas in die Jahre
gekommen mutet die Stadtanlage mit ihren breiten Straßen, Betonklötzen und systematischen Aufbau von Wohn- und Arbeitsvierteln wie
eine futuristische Fantasie-Stadt aus den 60ern an. Damals schon aus der Zeit gefallen,
heute aber irgendwie auch. Spannend sind natürlich die Ideen dahinter. Am Platz
der "Drei Gewalten" zum Beispiel sind Justiz, Parlament und Präsidentenpalast im Sinne der gegenseitigen Kontrolle ganz
gezielt zueinander angeordnet. Der Präsident polarisiert bekanntlich sehr stark
das Land, aber zur Sicherung seines Arbeitsplatzes stehen nur ein kleines
Zäunchen und zwei kostümierte Wachsoldatchen rum. Hätten wir ein bisschen mehr
Zeit und Lust gehabt, hätten wir Mr. B., nach Auskunft eines Wachmanns, sogar
persönlich sehen können, wenn er nach dem Mittagsschlaf wieder ins Büro fährt
und den nächsten Pop(ulismus)-Song komponiert. Diese Offenheit und Zugänglichkeit hätte ich nie
erwartet, denn nach außen wirkt (oder ist) die politische Landschaft sehr autoritär, korrupt, entrückt. Aber vom Prinzip her gibt es viele gute Grundlagen und Ansätze im Sinne der Demokratie, die sich nicht nur in der reinen Symbolik erschöpfen. Leider scheitern die Politiker immer wieder an sich selbst und wir dürfen gespannt sein, was die Präsidentenwahl im nächsten für Überraschungen bereit hält (zumal fast zeitgleich zur Wahl auch die 200 Jahrfeier der Unabhängigkeit stattfindet, die Brasilien hoffentlich nicht in einen nationalen Taumel bolsonarischer Prägung verfallen lässt).
Der
Konstrukteur dieser Stadt Oscar Niemeyer sagte: "Das Experiment ist gescheitert". Ob
er sich auf die Idee als Hauptstadt oder auf die Stadt als
"bewohnbar" oder auf etwas anderes bezieht, weiß ich nicht. Aber mein
Urteil fällt nicht so negativ aus, weil die Stadt irgendwie schrecklich
schön ist.
Noch
eine kleine Randnotiz: Das Nationalstadion, welches im Zentrum steht, wurde nur
für die WM gebaut, war der teuerste Stadionbau des Landes und wird heute nicht
mehr benutzt, da Brasília nur eine Drittliga-Mannschaft hat. Auf Nachhaltigkeit
brauchen wir hier jetzt nicht eingehen. Aber wir erfuhren, dass an diesem Abend
das Halbfinale der Copa América in diesem Stadion stattfinden sollte. Zwischen
Argentinien und Kolumbien. Ins Stadion konnten wir wegen dieser unsäglichen
Pandemie nicht, aber wir erfuhren, dass die Argentinier gleich um die Ecke
residierten. Wie begeisterte Teenager (altersgerecht) lauerten wir also mit
ungefähr 100 anderen Neugierigen auf die Mannschaft von Lionel Messi. Nach
einer Stunde Warten konnte ich den kleinen Mann (ich darf das ob meiner
körperlichen Ausmaße sagen) dann auch für 1,5 Sekunden beim Einstieg in den Bus
erahnen. Egal, so nah, nämlich ungefähr 10 Meter, werde ich ihm wohl nicht mehr
kommen und deshalb war es ein besonderer Moment.
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Betonene Weiten |
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Kirche |
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Nationalstadion und zwei Zuschauer mit Stadionverbot |
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Die zwei Kammern: Senat links (geschlossen) und Parlament rechts (offen) |
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Zur anderen Seite die Ministerien in schöner Symmetrie |
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Man kann sich die Stadt als Flugzeug vorstellen: Wir schauen vom Heck zum Bug (Parlament) und links wie rechts gehen die Wohnviertel wie Flügel ab |
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Kubitschek (der Präsident, der Brasília erbaute) mit seiner Frau. Meine Vorschläge zur Verschönerung der Stadt wurden von ihnen ignoriert, weshalb ich nun etwas beleidigt bin. |
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Gekrönte Häupter aus Grevesmühlen |
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Noch mal Parlament. |
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Romantische Abendstimmung |
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Der Präsidentenpalast - das Rathaus in Grevesmühlen scheint besser gesichert zu sein. |
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Brasilianische Spezialität: Parlamentarier in Aspik |
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Die Brasilianer haben mit Argentinien nicht viel am Hut, aber bei Messi macht man mal eine Ausnahme. |
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