Sonntag, 16. August 2020

Grüße aus dem Epizentrum...

...denn als nichts anderes wird der Name Brasilien gerade konnotiert. "Von euch in Brasilien hört man ja auch nichts Gutes" ist einer der beliebtesten Floskeln der letzten Wochen und ja, es stimmt - zum Teil. Denn es gibt einen Unterschied zwischen hören und erfahren. Und es ist interessant zu erfahren, wie es ist, wenn die Leute mit dem Finger hierher zeigen und nicht müde werden zu betonen, was alles nicht läuft.
Klar, das Image Brasiliens war schon vor Bolsonaro nicht das Beste und ist seitdem auch nicht gerade durch die Decke gegangen. Schon gar nicht in Zeiten von Corona. Natürlich herrscht vordergründig ein heilloses Durcheinander, wenn Regierung gegen Justiz und Bundesstaaten gegen die Regierung arbeiten oder wenn offensichtlich Familienmitglieder der Bolsonaros auch noch mit kriminellen Organisationen zusammenarbeiten. Aber beispielsweise ist die Zahl der Leute, die noch hinter dem Präsidenten stehen und dafür auf die Straßen gehen, wirklich gering. Erst jüngst sagte ein Kollege, dass er es bereut, Bolsonaro gewählt zu haben (und die Ursache dafür muss man auch in einen, nämlich den hiesigen Kontext stellen). Die verfassungsmäßigen Organe arbeiten (siehe Kampagne gegen Fake-News und die über 30 Impeachment-Anträge). Neulich gab es sogar eine ganz kuriose Situation: Die Fans von Corinthians und Palmeiras, sonst Todfeinde vergleichbar mit Schiiten und Sunniten und ein Grund, warum bei Stadtderbys keine Gästefans mehr ins Stadion dürfen, vereinten sich friedlich zu einer Anti-Bolsonaro-Demo auf der Paulista. Das ist ein Zeichen. 
Und Corona? Die Zahlen sprechen für sich: Hier ist (nach den USA) das Epizentrum. Es ist dramatisch, aber, soweit wir das einschätzen können, weit weg von chaotisch. Ich habe noch keine Leichenberge gesehen (was nicht heißt, dass es sie nicht gibt bzw. gab, aber eher in Manaus). Auch gibt es keine marodierenden Banden aus den Favelas (zumindest nicht mehr als vorher). Das missliche Krisenmanagement des Präsidenten ist fatal, aber die Menschen arbeiten sich hier den A... ab, um zu helfen und die Lage in den Griff zu bekommen, worüber aber kaum ein Wort in Europa verloren wird. Schlimm ist es auf dem Land und in den Favelas, aber das Problem gab es vorher schon. Die langfristigen, vor allem wirtschaftlichen und damit auch sozialen Folgen machen ehrlicherweise wenig Mut, aber die Brasilianer als solche machen Hoffnung und werden schon irgendwie eine brasilianische Lösung finden.
Kurzum: im Alltag bekommen wir, auch durch den Lockdown, kaum etwas von der Notlage mit, außer dass die Polizeipräsenz etwas höher ist, so gut wie alle Menschen Mundschutz tragen und bei Einkäufen und Anstehen den Mindestabstand einhalten, auch wenn dies mitunter zu 800-Meter-Warteschlangen (!) führte. Natürlich gibt es eine Menge Ausnahmen, wenn zum Beispiel die alten Herren eng beieinander ihr Freitagsbier nicht in sondern vor der Bar trinken und der Mundschutz als Alibi seitlich am Ohr baumelt.
Bisweilen wird auch mal übertrieben mit der Sicherheit. So in vielen Condomínios, wo die Bänke in den Außenbereichen abgebaut wurden, damit sich bloß niemand draußen aufhält.
Auch versuchen die Leute, aus der Lage das Beste zu machen, indem sie zum Beispiel ihre Geschäftsmodelle so gut es geht anpassen. So hatte neulich ein Schreibwarenladen hier um die Ecke unerlaubterweise wieder aufgemacht. Da kam die Polizei, fragt: Was ist denn das? Darauf der Besitzer: Wir verkaufen auch Briefmarken und sind deshalb systemrelevant. Ok! 
Nach nunmehr drei Monaten zu Hause ist es aber auch wirklich Zeit für einen Tapetenwechsel. Die Kids haben keine Lust mehr auf Homeschooling, vor allem nicht auf kluge Ratschläge der elterlichen Lehrer zu Hause. Wir freuen uns wirklich auf unseren ersten Deutschlandurlaub seit 1,5 Jahren, auch wenn wir dort zunächst wahrscheinlich Einschränkungen hinnehmen müssen.

Julis Büro

Lenas Büro

Emilys Büro

Viel Bildschirmzeit

Viel Langeweile


Unser Denkmal-Projekt wird endlich umgesetzt

Vor dem ersten Spatenstich

Unsere Represa: in der Trockenzeit mit wenig Wasser, dafür aber umso mehr Müll


Equipe Recanto Guarapiranga:
Das große Pferd hatte mich in der letzten Reitstunde vor Deutschland noch einmal abgeworfen.

Eine kleine Abwechslung: Traumstrand von Maresias

Caipirinha in Juquehy mit Ingo

Privatstrand neben Maresias

Privatstrand neben Maresias

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